Eine neue Spätverwendung ...
Pesaro - mit heute nicht mal 100.000 Einwohner - ist sicherlich nicht die bekannteste Stadt Italiens oder der Marken. An der Adriaküste zwischen Rimini und Ancona gelegen, bezeichnet Wikipedia Pesaro als ein "wichtiges Touristenzentrum". Ein kursorische Überfliegen des Wikipedia-Eintrags läßt mich vermuten, das Giaccomo Puccini der bekannteste "Sohn der Stadt" war.
Gefunden habe ich diesen Beleg auf Delcampe - und er war ein klassischer Beifang. Die hinterlegte Suche hatte zwei andere Belege in meinen Warenkorb gezaubert also guckte ich, mit welchen preiswerten Belegen sich die Portokosten besser rechnen konnten ....
Durch den Anbieter war hier richtig 1896 geschrieben worden, trotzdem habe ich ihn als 1886 gekauft und bezahlt (OK, eine Verwendung dieser Briefmarke in 1896 ist auch nicht teurer als die in 1886, diese Marke gibt es seit 1870 und sie war bis 1902 gültig, nach dieser Wert 1901 durch ein neues Design am Schalter abgelöst wurde. Und: Es ist die Portostufe für eine Inlands-Fern-Postkarte. Also von der Frankierung wirklich nichts besonderes - dazu war sowohl die Portostufe zu lange gleich geblieben als auch die Marke zu lange im Umlauf. Eine 10 C Umberto I ist langweilig wie ein Stück trockenes Brot.
Umschläge und Karten mit Werbeeindrucken aus dieser Zeit haben allerdings ihre Fans - mein Eindruck ist allerdings, dass die Eindrucks mit hübschen Zeichnungen oder Bildern vorgezogen werden. Genommen habe ich diese Karte nachdem ich in meiner Datenbank nachgeschaut hatte: ich hatte erst 3 Belege aus dem Zeitraum 1880-1883 - ein Beleg aus 1886 hätte dann zumindestens den gesamten bei Ornaghi angegebenen Zeitraum belegt.
Die gedruckte 189 im Datum zeigt eindeutig, dass wir uns in 1896 (und nicht 10 Jahre vorher) befinden. Insofern wundert es mich, dass ich diesen Beleg nach dem Erwerb erstmal zur Seite gelegt habe und nicht sofort in die Begeisterung ausgebrochen bin, die ich jetzt empfinde.
Ich habe es in meinen Artikeln schon mehrmals dargelegt, warum eine Verwendung der Nummernstempel in der Mitte der 1890er Jahre etwas besonderes ist, dies in den 1880er Jahren jedoch der Regelfall ist. Hier nur kurz: die Verwendung der Nummernstempel wurde am 1.4.1891 offiziel eingestellt.
Die Zusammenfassing meiner Datenbank für Pesaro vor der Einarbeitung dieses Beleges - mal gucken, ob ich den Hinweis auf die Verwendung in 1895 über einen längeren Zeitpunkt drin lasse. Vermutlich ja - belegt er doch, dass diesev Verwendung aus 1896 nicht so isoliert ist, wie es scheint.
Weil die Verwendung eines Nummernstempels in 1896 relativ ungewöhnlich ist, würde ein Prüfer mit postgeschichtlichem Wissen bei einer teuren Frankatur vermutlich erstmal von einer Fälschung ausgehen. Insofern ist die Suche nach Früh- und Spätverwendungen nur bedingt eine Selbstzweck. Für meine Suche, möglichst alle Orte der Dani-Maschine nachzuweisen, hilft diese Beleg natürlich nicht - die Verwendung in Pesaro ist literaturbekannt - und um den Ort zu zeigen reichen auch Belege aus der bekannten Verwendungszeit.
Aber: dass ich relativ viele neue Orte und Spätverwendungen finde, liegt m.E. daran, dass vorher nie systematisch für diese Maschine gesucht wurde: die Nummernstempelsammler suchen die kleinen Orte (die grossen Orte mit Stemeplmaschinen sind relativ leicht zu finden) und die Maschinenstempelsammler fangen in der Regel erst nach 1901 (der Einführung der Bickerdike-Maschine) an zu sucehn.
Für Interpretationsideen - oder auch Fehlerkorrekturen - reicht eine kurze email an mich.
Stephan Jürgens, AIJP, sfj@italien-philatelie.de
