Italien Philatelie - Beleg des Monats

Beleg des Monats 06/2020

 Incoming-Mail: Eine frühe Weltpostvereinskarte aus Helgoland

Helgoland Ganzsachenpostkarte (Michel P3), adressiert in die "133, via del Bufalo", ungefähr 150 m vom Hauptpostamt an der Piazza di San Silvestro entfernt.

Incoming-Mail: Eine frühe Weltpostvereinskarte aus Helgoland

Helgoland ist zum 1. Juli 1879 dem Weltpostverein (UPU) beigetreten. Dies machte eine Ã"nderung der Posttarife für Briefe und Postkarten notwendig. Bei den Ganzssachen-Postkarten entschied man sich, die Karten P1 und P2 (die Antwortdoppelkarte) mit dem Hinweis „Union postale universelle“ und dem neuen Wert von 1 ½ Pence / 10 Pfennig zu überdrucken. Diese Ãœberdruckausgabe wird im Michel als P3/P4 gelistet.

Helgoland ist im Michel Ganzsachen Deutschland 2018 das Sammelgebiet, bei dem der Hinweis auf Fälschungen am häufigsten auftaucht. Insofern verwundert es nicht, dass diese Karte doppelt geprüft ist. Vorderseitig (unten rechts) zeigt sich die Signatur des BPP Prüfers Lemberger, hier noch ein rotes Schreibschrift-Prüfzeichen aus der Zeit vor der Vereinheitlichung der BPP Zeichen, welches laut www.briefmarken-pruefer.de von 1964 bis 1972 verwendet wurde. Zusätzlich liegt ein aktueller Befund des BPP-Prüfers Claus Heitmann vor:

Befund des BPP Prüfers Claus Heitmann

Als Aufgabestempel ist der sogenannte „Englische Rundstempel“ im Type II mit dem Datum vom 21. August (18)79 abgeschlagen. Dieses Stempeldesign wurde in dieser Zeit überall im Britischen Empire verwendet. Das älteste Beispiel für Helgoland stammt von 1859, die letzten Abschläge stammen vom Morgen des 10. August 1890, Nachmittags übernahm die Deutsche Postverwaltung vollständig und die Helgoländer Marken und Stempel wurden eingezogen, das Britische Postamt auf Helgoland für immer geschlossen.

Einer der Nachteile des Weltpostvereins für den Posthistoriker ist, dass die meisten Transit- und Grenzübergangsstempel weggefallen sind, d.h. es gibt nahezu keine Hinweise auf den Transportweg mehr gibt. Trotzdem können wir annehmen, dass die Karte per Schiff Richtung Hamburg transportiert wurde, und von dort mit der Bahn entweder über Basel durch die Schweiz oder über den Brenner (und damit durch Ã-sterreich-Ungarn.) Alle vier (möglicherweise) als Transit- und Zielländer beteiligten Postverwaltungen sind Gründungsmitglieder des Weltpostvereins im Jahr 1874, der Austausch der Post zwischen diesen Ländern sollte in 1879 also Routine gewesen sein. Hinweise, dass diese Karte auf dem Weg irgendwie ungewöhnlich behandelt wurde, gibt es nicht.

Und auch die Behandlung der Karte in Rom ist nicht ungewöhnlich: Bei Ankunft wurde der Einkreisstempel ROMA des Hauptpostamtes mit dem Datum "25 8" (die Jahreszahl ist nicht sichtbar, sicherlich aber eine 79) und der Zeitangabe 6 S (= 6 Uhr Abends, 18:00 h) abgeschlagen. Im Saal der Briefträger kam dann der ovale Distributionsstempel "5a DIST 25 AGO", fünfter Postgang am 25. August, dazu. Und als letzte schlug der Postbote vorderseitig noch seinen kleinen Ovalstempel mit der 36 ab. Briefe und Karten mit allen drei Ankunftsnachweisen sind nicht ungewöhnlich, genauso wenig sind aber auch Belege, denen ein oder zwei dieser Stempel fehlen etwas Besonderes.

Für Interpretationsideen - oder auch Fehlerkorrekturen - reicht eine kurze email an mich.

Stephan Jürgens, AIJP, sfj@italien-philatelie.de