Italien Philatelie - Beleg des Monats

Beleg des Monats 09/2020

 Steiermark - Australia (oder so ähnlich)

Steiermark - Australia (oder so ähnlich)

Austria - Australia. Das wird schon häufiger verwechselt. Eine der modernen "Urban Legends" ist, dass sich der US Präsident beschwert hat, dass man ihm in Österreich (im englischen Austria) keine Kängurus gezeigt hat.

Allerdings hätte ich erwartet, dass man sich im ehemals österreichischen Venedig dieses Unterschiedes bewusst ist. Aber zu mindestens eine Schreibkraft der venezischen Schwefelmühle und Düngerfabrik Ceresa & Millin scheint dies nicht gewußt oder beachtet zu haben. Jedenfalls ist dieser Brief aus dem Jahre 1895 an die "Cellulose - Fabrik von Dr. Alexander Peez in Weissenbach a/Ens, Steiermark, Australia" adressiert.

Und interessanterweise hat man auf der Post diesen Fehler nicht bemerkt und den Brief in der Tat nach Australien verschifft. Die Kollegen der australischen Post haben den Brief nach "TABILK", eine kleine Gemeinde nördlich von Melbourne geschickt. Es ist eindeutig, dass hier das Wort "Fabrik" aus der Original-Adresse falsch interpretiert wurde. Die dortige Post brachte einen Ankunftstempel mit dem Datum vom 9. November 1895 an. Und adressierte den Brief an das "Sailors Home in Melbourne" um. Ich denke, dass diese Entscheidung nicht allzu lange benötigte - laut Wikipedia hat Tabilk heute 131 Einwohner - ich gehe davon aus, dass der dortige Postbeamte damals einen guten Überblick über die dort wohnenden Einwohner hatte.

In Melbourne hat man sich wohl ein wenig mehr Mühe gemacht - und den Brief wohl im Saal der Briefträger ausgerufen: und dann den Stempel "NOT KNOW BY LETTER CARRIERS MELBOURNE" abgeschlagen. Vermutlich bezieht sich das rückseitige "Not at thy address / Unterschrift 13/11/95" auf einen Zustellversuch im "Sailors Home". Und in Melbourne scheint man sich die Adresse ein wenig näher angeschaut zu haben: sicherlich wurde hier der handschriftliche Vermerk "In Alsace, Germany" angebracht. Noch nicht ganz richtig, aber die anscheinend ausreichend, dass der Brief ohne weitere Umleitungen in Weissenbach in der Steiermark zugestellt werden konnte.

Für den Stempelsammler ist natürlich die Rückseite des Briefs wesentlich interessanter: die zeit- und tarifgerechte 2 + 20 c Frankatur ist mit einem Duplex-Stempel (sicherlich in der Dani-Maschine verwendet) entwertet. Das es sich um einen Duplex-Stempel (und nicht um zwei einzelne Abschläge eines Stempels) handelt, ist z.B. im "9S", der Zeitangabe 9 Uhr abends, deutlich zu sehen. Ferner auf der Rückseite: ein handschriftliches "Not at thy address / Unterschrift 13/11/95" und ein Ankunftstempel von "Weissenbach a.d. Enns vom 28.12.95".

Für Interpretationsideen - oder auch Fehlerkorrekturen - reicht eine kurze email an mich.

Stephan Jürgens, AIJP, sfj@italien-philatelie.de